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Tag 17
von Boadilla del Camino nach Carrión de los Condes
Montag, 5. Mai 2008
 

Gegen 9:00 Uhr verlasse ich die Herberge. Ina wird später nachkommen, da sie am PC der Herberge noch ein wenig Internetbanking betreiben muss und ich nicht warten möchte.

 

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Dieser Morgen ist das bisherige atmosphärische Highlight meiner Wanderung. Bei wunderschönem Wetter wandere ich über Feldwege, vorbei an Storchennestern und zuletzt entlang des Canal de Castilla. Dieser Kanal diente früher dem Getreidetransport, heute wird er jedoch ausschließlich zur Bewässerung der Felder genutzt. Die Luft ist klar und durch das vorbeifließende Wasser angenehm kühl. Ich bin weit und breit der einzige Mensch und es wäre wohl totenstill, wenn da nicht zahlreiche Frösche quaken und dicke Insekten brummen würden. Ich versuche diese meditative Stimmung mit einem kleinen Video einzufangen.

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jw 17 12jw 17 09Etwas später treffe ich auf einige Pilger zu Pferd und erreiche nach etwa einer Stunde Frómista. Ich setze mich in eine Bar und warte auf Ina, die schon bald - nachdem sie an einem Automaten Geld abgehoben hatte - nachkommt. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg nach Carrión de los Condes.

 

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Es ist wirklich schön, nicht alleine gehen zu müssen, aber auch anstrengend. Unser Wandertempo passt gut zusammen, Ina macht jedoch häufiger Pausen als ich es machen würde und gönnt sich in jedem Ort ein Getränk. Alleine hätte ich sicher weniger Stopps eingelegt, zumal ich nach jeder Pause eine Weile brauche, bis ich - bzw. meine Füße - wieder eingelaufen sind. Aber ich freue mich sehr über die Gesellschaft und nach vielen interessanten Gesprächen erreichen wir gegen 18:00 Uhr unser Ziel. Zu zweit verfliegt die Zeit doch schneller, allerdings ist die letzte Stunde für uns beide wieder die reinste Quälerei!

In Carrión de los Condes suchen wir das Kloster Espíritu Santo. Es macht zunächst gar nicht den Eindruck, als ob wir hier übernachten könnten. Ein großes, dunkles Tor wirkt recht abweisend, und es ist nicht klar, ob das überhaupt der richtige Eingang ist. Schließlich fassen wir uns ein Herz, klingeln und eine freundliche Nonne gewährt uns Einlass. In einem kühlen Vorraum stempelt sie meinen Ausweis gleich zweimal, lacht über ihren Fehler und drückt dann den Stempel in Ina's Credencial. Während sie uns auf ein Zimmer führt, erklärt sie auf Spanisch einige Hausregeln, die wir allerdings nicht verstehen. In dem großzügigen Zimmer stehen zwölf einstöckige Betten. Außer uns sind noch zwei junge deutsche Mädel hier und es verspricht eine ruhige Nacht zu werden.

jw 17 17Doch zunächst gehe ich duschen. Dabei bemerke ich, dass sich das Muster meiner Strümpfe zwischenzeitlich deutlich auf der Haut meiner Füße abzeichnet. Auf dem Weg zum Waschraum gehe ich an vielen leerstehenden Zimmern vorbei, wenn alle Betten belegt sind, herrscht hier sicher einiger Trubel. Dementsprechend zahlreich sind auch die Waschbecken und Toiletten ausgelegt. Leider sind die Duschen eiskalt. Später berichtet Ina, dass sie eine heiße Badewanne vorgefunden hat, nunja, es sei ihr gegönnt.

Ich lege mich ein wenig hin und rekapituliere den heutigen Weg. Es war ein sehr guter Tag, mit eindrucksvoller Natur, singenden Vögeln, quakenden Fröschen, majestätisch über den Feldern kreisenden Störchen (wahrscheinlich auf der Suche nach eben diesen Fröschen) und vielen interessanten Gesprächen. Ina spricht das Thema "gemeinsam pilgern" an. Ich sage ihr, dass ich eigentlich nicht den ganzen Weg bis Santiago in Gesellschaft wandern möchte und sie sieht das ganz genau so. Wir sind wirklich froh, uns getroffen zu haben und freuen uns darauf einige Etappen gemeinsam zu gehen, werden aber wohl in Kürze wieder getrennt unterwegs sein und uns dann vielleicht zufällig z.B. abends in irgendwelchen Dörfern treffen.

jw 17 22Zunächst jedoch gehen wir in die Stadt, um gemeinsam zu essen. Ina bezahlt und wir sind wieder quitt. Später auf dem Zimmer liest Ina mittels einer kleinen Lampe in ihrem Reiseführer. Diese Lampe strahlt nur einen gebündelten, dezent blauen Lichtschein aus, so dass andere Leute im Zimmer kaum gestört werden. Eines der beiden Mädchen auf unserem Zimmer ist von dieser Lampe so begeistert, dass Ina ihr diese kurzerhand schenkt. Wir beschließen morgen früh sehr zeitig aufzustehen, um noch vor dem Morgengrauen auf dem Camino zu sein. Wir wollen den Sonnenaufgang in der Meseta erleben, einen der Eindrücke, die man auf keinen Fall verpassen sollte. Ina stellt vorsorglich ihren kleinen Wecker und ich schlafe alsbald ein.

 
 
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