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Vorbereitung II
Ende März 2008
 

Heute gehen wir in ein Reisebüro. Da meine Frau mich ja in Santiago de Compostela einsammeln möchte, brauchen wir für sie einen Hin- und Rückflug, für mich nur den Rückflug. Dafür buche ich eine Zugfahrt nach Saint-Jean-Pied-de-Port.

Geplant war die Abfahrt am Samstag und Ankunft am Sonntag. Diesen wollte ich dann nutzen, um mich von der Zugfahrt zu erholen. Immerhin hätte ich Nachts umsteigen müssen, da ist an einen vernünftigen Schlaf nicht zu denken. Die Dame im Reisebüro findet jedoch eine andere, weit bessere Verbindung. Samstagmorgens fahre ich los, abends komme ich gegen 19:30 Uhr an. Prima, so muss ich mir nicht die Nacht um die Ohren schlagen und erhalte obendrein noch einen zusätzlichen Tag für meine Wanderung, da ich bereits am Sonntag losgehen kann.

oGroveFür die Woche im Anschluss an meinen Camino buchen wir ein nettes, kleines Hotelzimmer auf der Halbinsel Grove unweit von Santiago de Compostela, sowie einen kleinen Mietwagen.

6. April 2008

Heute steht erneut eine Wanderung in das Bergische Land zu dem bereits bekannten Pfannekuchenhaus auf dem Programm. Das dauert wenigstens 5 Stunden, eine eher kurze Pilgeretappe. Ich ziehe also meine neuen Schuhe an, packe den realistisch gefüllten Rucksack auf den Rücken und gehe los.

Zunächst ist das Wetter durchwachsen, aber trocken, selbst die Sonne lässt sich kurz blicken. Dann schlägt das Wetter um, ich wandere etwa 1,5 Stunden durch strömenden Regen und es ist arg kalt. Der Rucksack verfügt über einen integrierten Regenschutz, den ich jetzt auspacke und der auch wirklich notwendig ist. Am frühen Nachmittag hört der Regen endlich auf und das Wetter wird wider Erwarten freundlich. Ich beschließe einen Umweg durch einen Wald zu gehen. Der Weg ist zwar total matschig, aber trotzdem (oder deswegen ???) wesentlich interessanter als die öde Straße.

signUnd dann sehe ich es! Mitten im Wald! Ich glaube es nicht!!!
Mein erster Wegweiser mit Muschel!
Ohne es zu wissen, bin ich auf einem Pilgerweg. Ich wußte gar nicht, dass ein Jakobsweg - wenigstens ein kleines Stückchen - durch das Bergische Land führt! Wäre ich abergläubisch, könnte man es für ein Zeichen halten. Bin ich aber nicht. Aber ich gebe zu, dass ich mich darüber freue, wenngleich es derzeit Mode ist, jeden besseren Wanderweg mit diesem Muschelzeichen zu versehen.

Leider verlaufe ich mich ein wenig und aus den fünf geplanten Stunden werden sechs. Das letzte Stück trotte ich entlang einer eintönigen Landstraße.

knieUnd hier passiert es!
Ich trete in ein Schlagloch und falle der Länge nach hin. Ziemlich heftig.... AUTSCH! Die Trinkflaschen springen aus dem Rucksack, eine geht entzwei. Ich versuche mich abzufangen, aber mit dem Rucksack auf dem Buckel gelingt das nur schlecht, und ich verspüre einen heftigen Schmerz im Handgelenk und in meinem Knie. Mein erster Gedanke: ich habe mir das rechte Handgelenk gebrochen und die Kniescheibe aufgeschlagen - die Tour kann ich wohl vergessen!!! Aber es ist gut gegangen. Ich habe mir lediglich Hand und Knie aufgeschürft. Es blutet und schmerzt, aber ansonsten ist nichts passiert. Nur die Jeans ist total im Eimer. Ein Riesenloch auf Höhe der Kniescheibe macht sie zu einem ganz heißen Kandidaten für die Mülltonne.

Nach kurzer Zeit kann ich weiter gehen. Es sind noch etwa 20 Minuten bis zum Pfannkuchenhaus, in dem bereits meine Frau auf mich wartet.

jakob pre 15Abends nehme ich ein heißes Bad und versorge Handfläche und Kniescheibe. Mein Rücken schmerzt vom Rucksack, ansonsten habe ich keine Probleme. Nun, bis zum nächsten Wochenende kann er regenerieren, dann werde ich zwei Tage hintereinander eine jeweils 5-6 stündige Wanderung unternehmen. Ach ja, die neuen Schuhe sind jetzt durchaus eingelaufen!

10. April 2008

Gestern erhielt ich die Bahntickets. Leider ist ein Fehler unterlaufen und es wurden zwei Fahrkarten geschickt und natürlich auch abgebucht. Also ging meine Frau zurück in das Reisebüro, um dies zu reklamieren. Die Tickets wurden zurückgenommen und es wird ein neues ausgestellt.

12. April 2008

jakob pre 06Ich schultere meinen Rucksack und begebe mich - aufmerksame Leser werden es ahnen - zum Pfannkuchenhaus. Dieser Weg ist halt problemlos und schön zu gehen. Er beginnt vor unserer Haustüre, und ich wandere zunächst entlang des Flüsschens Dhünn, dann ein Stück über eine Landstraße und schließlich durch einen Wald, der auch einige kleinere Steigungen zu bieten hat. Immerhin bin ich im Bergischen Land, obwohl die Bezeichnung nichts mit Bergen zu tun hat, sondern auf den Familienname "Berg", einer einst mächtigen Familie, zurückzuführen ist. Dieser Weg entspricht wohl einer mittelschwierigen Pilgeretappe und hat zudem den Vorteil, dass meine Frau mich im Pfannkuchenhaus einsammeln kann und wer zuerst da ist, trinkt oder isst schon einmal eine Kleinigkeit.

Die Wanderung macht Spaß und ich erreiche trockenen Fußes, diesmal ohne weitere Katastrophen mein Ziel. Im Gegensatz zur vorherigen Woche habe ich keinerlei Probleme mit meinem Rücken und ich genieße die Wanderung. Eigentlich wollte ich morgen den gleichen Weg noch einmal gehen, aber da es heute so problemlos klappt und dies das letzte Wochenende vor meiner Abfahrt ist, beschließe ich, dass ich mich nun genügend vorbereitet habe.

17. April 2008

Heute ist das endlich richtige Bahnticket gekommen - sozusagen auf den letzten Drücker. Das zu viel abgebuchte Geld soll zurück erstattet werden, na wir werden sehen, ob das klappt!

Ich suche alles zusammen, was ich mitnehmen möchte. Damit ich auch alles im Rucksack wiederfinde, unterteile ich ihn in logistische Abschnitte:

kram

  • Wellnessbereich:
    In die Bodentasche kommen Isomatte, Schlafsack, Badelatschen und der Kulturbeutel. Einigen Berichten zufolge haben diverse Pilgerherbergen wohl aufregende hygienische Zustände und man ist froh, nicht barfuß in die Dusche zu müssen. Ich habe mir allerdings vorgenommen, bei Unterschreitung einer hygienischen Untergrenze auf private Zimmer oder Hotels auszuweichen. Schließlich will ich mir keinen Fußpilz oder ähnliches einfangen, von Flöhen und Läusen ganz zu schweigen.

  • Modeabteilung:
    In das Hauptfach des Rucksacks packe ich Kleidung, getrennt nach sauberer und gebrauchter Wäsche. Für letztere nehme ich einen Stoffbeutel mit. Auch ein paar bequeme Schuhe für abends passen hier hinein. Schließlich müssen die Wanderschuhe über Nacht gut lüften, was unter anderem auch gegen Blasenbildung hilfreich ist! Jacke und Hut werde ich entweder tragen oder bei Bedarf oben auf den Rucksack schnallen, je nach aktueller Temperatur und Wetterlage.

  • Navigation:
    In der vorderen Tasche finden sich zwei Reiseführer, ein Sprachführer, ein Wörterbuch, das Tagebuch mit Stift sowie - wichtig - der Pilgerpass. Kurzfristig entschließe ich mich dazu, meinen elektronischen Translator ebenfalls mitzunehmen. Er ist klein, leicht und kennt viele nützliche Redewendungen und Phrasen.

  • Krankenabteilung:
    In der linken Außentasche sammeln sich Pflaster, Mullbinde, Voltaren, eine Wund- und Heilsabe, Sprühpflaster, sowohl ein wenig Aspirin} als auch Magnesiumtabletten, Ohrenstöpsel, Handwaschpaste und Sonnenöl.

  • Survival und Kommunikation:
    Die rechte Außentasche beherbergt ein Taschenmesser, einen kleinen Kompass, eine kurze und leichte Wäscheleine (etwas Seil ist immer nützlich), Ersatzakku und -Speicherkarte für die kleine Kamera, das Handy sowie die beiden zugehörigen Ladegeräte.

  • Supermarkt:
    In die Deckeltasche stecke ich zwei kleine Tupperdosen für den Transport zerquetschbarer Nahrung (z.B. Tomaten, Bananen...) und einige Bonbons. Es bleibt noch etwas Platz für tägliche Rationen wie Brote, Kekse oder Obst.

  • Tresor:
    Eine schwer zugängliche Innentasche fasst meine Geldbörse, die Ausweise, Kreditkarte sowie meine Bahntickets.

  • Bar:
    Die beiden Trinkflaschen finden ihren Platz in dafür vorgesehene Netze links und rechts außen. So sind sie stets zur Hand, um einen vollends erschöpften und vor Durst ganz ermatteten Pilger zu laben.

Ach ja, der blöde Pilgerstab aus dem Outdoorladen war eine idiotische Idee und ich werde ihn nicht mitnehmen!

Eigentlich könnte ich auf einige Kleidungsstücke verzichten und so vielleicht ein oder sogar zwei Kilo einsparen, aber ich habe einfach keine Lust, jeden Abend waschen zu müssen, und die paar zusätzlichen Unterhosen und T-Shirts wiegen nun wirklich nicht irrsinnig viel! Was für ein Irrtum, doch dazu später mehr!

Alles passt locker in den Rucksack und er wiegt nun gut 15kg! Hurra, er ist gepackt. Eigentlich könnte ich nun sofort aufbrechen; leider muß ich noch bis Samstag abwarten. Auf einmal vergehen die Stunden gaaaaaaanz langsam, und des Nachts schlafe ich unruhig.

Es wird höchste Zeit, dass es los geht!

18. April 2008

Morgen früh werde ich in den Zug steigen, und mein Camino beginnt. Ich werde ihn völlig ohne Vorsätze und Erwartungen auf mich zukommen lassen und bin gespannt, was er für mich bereithält!

An dieser Stelle einen schönen Gruß an meine doch recht neugierigen Arbeitskollegen: Es ist noch keine 20:00 Uhr, und diese Seiten gehen schon online, viel Spaß beim schmökern :-)

Ich bin dann halt auch mal nicht da!

 
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