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Tag 30
von Ventas de Narón nach Melide
Sonntag, 18. Mai 2008
 

Diese Nacht habe ich wie ein Baby geschlafen, ungestört, tief und fest. Um 7:00 Uhr reißt mich der Wecker aus meinen Träumen. Leider regnet es stark, also döse ich noch eine halbe Stunde vor mich hin. Schließlich stehe ich doch auf, esse im gegenüberliegenden Restaurant eine Kleinigkeit und breche gegen 8:00 Uhr auf.

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Die tiefhängenden, grauen Wolken versprechen Dauerregen, allerdings läßt dieser im Laufe der Zeit etwas nach, ohne jedoch ganz aufzuhören. Spontan trinke ich in einer namenlosen Bar einen café con leche, nicht weil ich Durst hätte oder eine Pause benötige, sondern einfach, weil ich Lust dazu habe. Ungeachtet des Regens, genieße ich die Wanderung in diesen frühen Morgenstunden!

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Trotz der Extrapause erreiche ich um 10:45 Uhr Palas de Rei, also genau in der im Führer angegebenen Zeit. Zwischenzeitlich hat sogar der Regen aufgehört. Inmitten einer Parkanlage und zwischen Sportplätzen finde ich ein Café, bekomme ein Croissant und einen café con leche, und setze mich damit auf eine Terrasse. Während ich frühstücke wandern John und Jenny winkend an mir vorbei.

Was ich zunächst für Palas de Rei gehalten hatte, entpuppt sich als Erholungsbereich vor der eigentlichen Stadt. Diese ist relativ groß, und hier werde ich fast überfahren. Ich überquere einen Zebrastreifen - ausnahmsweise bei grün - und ein Wagen rollt langsam heran. Plötzlich heult der Motor auf, der Wagen macht einen Satz in meine Richtung, ich höre Bremsenquietschen, und mit einem leichten Stups der Stoßstange gegen meine Beine bleibt das Fahrzeug stehen. Ein sehr alter Mann steigt aus, und mit vielen Gesten und gebrochenem Englisch entschuldigt er sich bei mir. Er hätte versehentlich Gas und Bremse verwechselt, aber es sei ja nichts geschehen!

jw 30 08In Leboreiro stärke ich mich mit Kuchen und Bier - was für eine Mischung. John und Jenny kommen hinzu, doch kaum dass sie sitzen und ihren café con leche bekommen haben, fängt es wieder einmal kräftig an zu schütten. Das Wetter ist in den letzten Tagen wirklich sehr wechselhaft, dabei ist der April doch schon seit drei Wochen vorbei! Wir suchen mitsamt unseren Lebensmitteln Zuflucht unter dem Dach einer in der Nähe befindlichen Bushaltestelle. Hier finde ich 40 Cent :-)

jw 30 10Abends lasse ich in Melide, dem geografischen Zentrum Galiziens, lediglich meinen Credencial abstempeln. Morgen möchte ich bis nach Lavacolla wandern, über 45 km. Daher benötige ich diese Nacht einen ruhigen Schlaf und suche mir ein Zimmer. In einem sehr einfachen Hotel sind leider nur Doppelzimmer für 40,-€ frei. Ich winke ab und bekomme es darauf für 30,-€. Die Dusche und das anschließende Nickerchen sind eine Wohltat. Heute schmerzen meine Füße und Waden weit mehr als gewöhnlich. Ich spiele mit dem Gedanken, einfach liegen zu bleiben, und mich heute Abend von meinen restlichen Keksen und Wasser zu ernähren. Aber ich raffe mich doch auf. Es ist wichtig, abends noch einige Schritte zu gehen. Das fällt mir zwar heute besonders schwer, aber danach schmerzen Füße und Waden stets etwas weniger. Ich schlafe dann besser, und auch der Start am folgenden Morgen fällt leichter.

Die Pilgermenus sind an sich ok, aber heute möchte ich etwas anderes essen. Ich finde eine Pizzeria. Darin sitzen bereits Maria und die tapfere alte Dame mit der großen Tüte. Eine weitere, schon recht betagte Frau hat sich ihnen angeschlossen. Eigentlich wollte ich hier Tagebuch schreiben, doch die Damen nehmen mich in Beschlag, und ich schiebe daher mein Vorhaben gezwungenermaßen auf später im Hotel auf.

Es war wieder ein wirklich schöner Tag, trotz der ständigen - teils kräftigen - Regenschauer. Die Landschaft ist frisch, schön und abwechslungsreich, der Camino führt durch teils winzige, romantische Ortschaften, leben möchte ich hier aber nicht. Galizien ist für mich klar der landschaftliche Höhepunkt meines Caminos!

 
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